Orgel- und
Harmoniumwerkstatt
Thomas Reilich
Isen, Landkreis Erding:
Mason & Hamlin, USA, Bj. 1904

Die Überarbeitung dieses Innstrumentes begann spektakulär. Da die Treppe des Hauses sehr schmal war, entschieden wir uns, das Harmonium in teilzerlegtem Zustand mittels Frontlader über den Balkon nach unten zu bringen.

Hier sieht man die Ausgangsbasis. Der Lack war noch relativ gut, hier und da fehlte eine Zierleiste. Das Werk war aber unspielbar und stark verschmutzt.

Nach der Demontage folgte die Reinigung des Gehäuses. Hier sieht man gut die besondere Konstruktion dieses Manon & Hamlin. Anstatt einem geschlossenen Bodenrahmen, gibt hier ein fest verleimter "Deckel" dem Instrument die nötige Stabilität.

Besonderheit die Dritte:

Entgegen den landläufigen Bälgen, verfügt dieser über echte Lederzwickel.

Besonderheit die Vierte:

Fundament-brett und Balgträger-platte sind fest miteinander verleimt.

Auch besonders - Balganlage und Fundament sind in einem Rahmen zu einer Einheit verschraubt, welche mit wenigen Handgriffen ausgebaut werden kann.

Das bedeutet, dass eine Erneuerung des Balges erheblich aufwändiger ist, als bei herkömm-lichen Saugwindbälgen. Im Bild wird gerade das linke Faltenpaket auf der Platte fixiert, der rechte Schöpfer ist bereits geschlossen.

Der neu bezogene Balg in der Seitenansicht. Wie immer wurden nicht nur die Bespannungen getauscht, sondern auch alle anderen Lederteile wie Plattenscharnierungen, Schöpf- und Fangventile ersetzt.

Nach der Erneuerung des Balges wurde die Einheit mit den Seitenwänden, den Gurtrollen und dem 16'-Spiel komplettiert.

Im 16'-Spiel sind Zungen mit größerer Breite verbaut, was eine zusätzliche Mechanik nötig macht. Das Spiel sitzt daher im Unterbau, die Mechanik liegt im Windkasten. Neben den üblichen Reparaturen wurden hier alle Ventile neu belegt und natürlich die Werkdichtung erneuert.

Dann ging es ans eigentliche Werk. Zur Übersicht - die seitlichen Arme übertragen die Bewegung der Registerzüge auf die Mutzen, dazwischen sieht man die Klaviaturstecher, die Oktavkoppel und die Schwellklappen. Im hinteren Bereich ist links der Subbass und rechts die "Vox Humana" zu erkennen.

Die besonders schöne (mechanisch schöne) Registermechanik lief leider auch besonders schlecht und war besonders verschmutzt.

Hier leigt ein Teil der Zungen zur Reinigung. Die Subbass-Zungen im Hintergrund sind bereits fertig.

li: Alle Mutzen mussten neu belegt und dadurch auch neu scharniert werden. Dies geschieht hier nicht durch die sonst üblichen Aufschraub-Scharnier-chen, sondern wird mittels Leinen- oder Balgtuch-streifen bewerkstelligt.

re: Bei all den Besonder-heiten war die Überarbeitung der Register-blende fast eine Erholung. Hier wurde der Schellack aufpoliert und die Filzführungen der Register-züge erneuert.

"Ein wenig" später sah die Registermechanik dann so aus. Alle Lagerstellen wurden neu gefilzt, das Gestänge entrostet und die Holzteile mit frischem Schellack überzogen.

li: Die fertige Register-blende wurde bestückt und nach dem Werk ins Gehäuse gesetzt.

An der Oktavkoppel wurden schadhafte Filzteile ausgetauscht und die Wellen im Ultraschallbad gereinigt.

Ebenso die fertige Oktavkoppel.

re: Die überarbeitete Register-mechanik läuft seidenweich. Im kompletten Instrument mussten wirklich alle Filz- und Lederteile ausgetauscht werden. Vom Balg bis zu den Ventilen.

Hier zeigt sich noch einmal die besondere Konstruktion dieser Instrumente. Die gesamte Klaviatur incl. Registermechanik lässt sich hochklappen, was einen freien Zugang zur Koppel und den darunter liegenden Spielen ermöglicht.

Hier kann man wirklich von Harmoniumbau-KUNST sprechen. Das ganze Instrument ist so durchdacht, so edel die Konstruktion, so hochwertig die Ausführung, dass viele andere Fabrikate dagegen blass aussehen.

Harmonium Mason & Hamlin, Style 559, Bj. 1904
Disposition:
2 Contra Basso 16'
1P Diapason Dolce 8'
7 Sub Bass 16'
6 Eolian Harp 2'
1 Diapason 8'
3 Viola 4'
3P Viola Dolce 4'
VH Vox Humana
4 Seraphone 8'
3 Flute 4'

Nach der Stimmung in originaler Stimmtonhöhe 435 Hz (International Pitch 1891), wurden noch die Stoffbespannungen erneuert.

Wie schon die Konstruktion, kann nun auch wieder der Klang überzeugen. Besonders hervorzuheben ist hier der durchgehende 16' mit seinen breiten Zungen, welcher für ein mächtiges Fundament sorgt.

1 Melodia 8'
5 Voix Celeste 8'
OK Oktave Coupler
1P Melodia Dolce 8'
2 Crono 16'
Kniehebel: Grand Jeu / Forte