Haar: V. Mustel, Paris

Im Oktober 2022 kam diese Orgue-Celesta von Victor Mustel zu mir in die Werkstatt.

Das Instrument war leidlich spielfähig und sollte in einen konzertfähigen Zustand versetzt werden.

Bei der Demontage wurde offenbar, daß das Instrument schon diverse male be- (miss-) handelt wurde.

Außerdem plagten die Lade diverse Risse.

Das Registerbrett samt Werkdichtung machte einen ganz guten Eindruck.

Die Doppelexpression war außer Funktion. Warum, sollte sich später zeigen.

Erst einmal ging es an die Überarbeitung der Balganlage, denn ohne richtige Druckverhältnisse geht gar nichts.

Nach dem Lösen der Trittverbindungen, ging der Ausbau schnell von der Hand.

Mit viel Aufwand aber wenig Erfolg, wurden die Schöpfer mehr schlecht als recht am "Leben" gehalten.

In solchen Fällen ist der Neuaufbau die beste Wahl. Der Magazinbalg war noch in gutem Zustand und konnte belassen werden.

An den sauberen Holzfalten kann man gut sehen, wie sie zum Drehpunkt hin verjüngt wurden - sehr saubere Arbeit Mustel!

Zunächst wurden die Falten mit Leinenbändern scharniert und auf den Platten fixiert.

Zur Abdichtung erfolgt ein Lederüberzug der Scharniere.

Hier sieht man die gründlich gereinigte Trägerplatte der Schöpfer. Darunter liegt der Magazinbalg.

Nachdem die Schöpfer soweit vorbereitet waren, konnten sie auf der Trägerplatte fixiert werden.

Noch fehlen ein paar Lederstreifen.

Die Streifen müssen in mehreren Schritten aufgeleimt werden, da es sonst zu Materialstau und/oder Spannungen am Drehpunkt kommt.

Auch das Aufleimen der Zwickel erfordert etwas Erfahrung, ist aber kein Hexenwerk.

Das Aufleimen der Papierung signalisiert immer den baldigen Abschluss der Balgarbeiten.

Doch zunächst mussten noch die Schöpfventile erneuert werden, welche hart und von Motten befallen waren.

Die Kombination aus Filz und Leder ist nicht unproblematisch, da sich das Material leicht verzieht und dann nicht mehr richtigt abdichtet.

Daher müssen die Ventile während der Trocknung immer leicht gepresst werden. Hier ist alles gerade und schon wieder eingebaut.

Ein erster Funktionstest lief zur vollsten Zufriedenheit.

So sahen die Einzelteile der Trittverbindungen nach der Reinigung aus.

Ein großes Augenmerk wird beim Einbau der Mechanik immer auf die Geräuschentwicklung gelegt.

Schließlich soll trotz der zahllosen Drehpunkte und Verbindungen kein "ääächz" entstehen. Scheee - nä wahr!

Nun ging es an die Überarbeitung der Doppelexpression.

Alles was abzubauen war, wurde abgebaut.

Nur so können versteckte Defekte, wie hier an der Achsung des Einlassventils, entdeckt werden.

Diskant (re) sauber und überarbeitet, Bass (li) noch nicht.

Im Bass musste der Steuerbalg des Einlassventiles erneuert werden.

Hier liegen die vier Drücker der Kniehebel zur Überarbeitung. Verbogen, geplatzt, Führung ausgerieben.

Es sind oft die kleinen Dinge, die eine gute Restaurierung ausmachen.

Nach Abschluss der Arbeiten auf der Bassseite, kam die DE (Doppelexpression) zurück in den Windkasten.

Nun ging es mit dem Registerbrett weiter.

Auch hier waren zahlreiche Basteleien ...

... und Defekte zu finden (ausgelaufenes / -gefressenes Wellenlager).

In guter Absicht, jedoch mit dem falschen Material (Moosgummi), wurde das Registerbrett schon einmal unterfüttert.

Für die Reinigung und Reparatur wurde wieder alles zerlegt. Außerdem war die Dichtung an Spiel 1 (ganz vorne) erneuerungswürdig.

Die Moosgummidichtung war natürlich mit Patex aufgeklebt. Hier half nur das Abschleifen.

Die Registerventile waren allesamt verdreckt (im Bild nicht mehr), aber in gutem Zustand.

Bei den Auslassventilen ist es wichtig, dass sie frei fallen, also gut beweglich sind. Das war hier nicht der Fall.

So gut wie jedes Ventil blieb trotz Federlast in seiner offenen Position stehen. In mühsamer Kleinarbeit brachte ich sie wieder zum Laufen.

Hier sieht man die alte, schon aufgeschnittene Dichtwulst von Spiel 1, blau gefärbtes Leder mit Filzkern.

Die neue Wulst wurde aus dem selben Material angefertigt und fügt sich gut ins Gesamtbild ein.

Das Abschleifen der Moosgummidichtung ebnete gleichzeitig die Ventilauflage der Registerventile.

Nach der Reinigung de Einzelteile, konnte der Zusammenbau beginnen.

Hier sieht man gut die neue Dichwulst (vorne) und die wieder eingebaute Registermechanik der Percussion.

Sämtliche Lagerstellen wurden neu ausgetucht.

Somit waren die Arbeiten am "Unterbau" abgeschlossen, ...

... nun ging es mit der Lade weiter.

Spiel 5 (Musette) hatte ein gröberes Problem.

Hier sieht man die Unterseite der Lade mit freiem Blick auf die Zungen (Esteve, Paris).

Auch hier wurde zuerst alles abgebaut und gereinigt.

Zwischendurch startete die Anfertigung der (vielen) fehlenden Registerschildchen. Hier liegen die ersten Rohlinge.

Die Risse in Spiel 5 mussten ausgefräst und ausgespant werden. Das weiße Leinenpapier in den Kanzellen sichert die Eckbereiche.

An ein paar weiteren Stellen löste sich die Ventildecke von den Schieden. Diese Bereiche mussten neu verleimt werden..

Dafür werden die Zungen ausgebaut, betroffene Kanzellen mit Leim geflutet und alles unter großzügiger Verwendung von Zulagen gepresst.

Während der Trocknungszeit wurden an der CNC-Fräse die fehlenden Profilleisten hergestellt.

Auch die Ventile wurden in dieser Zeit überarbeitet. Die zerfressene Filzlage machte einen neuen Ventilbelag notwendig.

Sämtliche Beleimungen wurden mit Dampf entfernt, die Teile anschließend zur Trocknung zurecht gelegt.

In der Zwischenzeit war der Leim an der Lade gut durchgetrocknet, so konnten die Überschüsse ausgefräst werden.

Im nächsten Arbeitsgang wurde die Oberfläche noch sanft abgerichtet um eine optimale Auflage der Ventile zu gewährleisten.

Dann war auch an dieser Stelle alles wieder heil und der Einbau der Zungen konnte erfolgen.

Dann ging es mit der Percussion weiter. Die Stecherführung war ausgelaufen und undicht, Filze in weiten Teilen weggefressen.

Die Ledernasen, welche den Percussionshammer mitreißen, waren noch in gutem Zustand.

Wie immer, wurde der Schaden erst beim Ausbau so richtig deutlich.

Auch die obernen Anschlagfilze fehlten größtenteils (weggefressen).

Nach dem Ausbohren der verschlissenen Führungen, wurde neues Tuch eingeleimt.

So sehen die Durchführungen schon viel besser aus!

Bei der Montage wurden neue Tuchscheiben eingebaut und die Lederfähnchen mit Talkum gepflegt.

Nach der Überprüfung der Hammerlager (Hämmer müssen frei fallen), wurde alles komplettiert.

Geschafft! Ein Lager der Schaltleisten (rot) musst nachgefertigt werden, die Ruheleisten (der Hämmer) wurden neu befiltz und beledert.

Somit war die Lade an sich fertig, weiter ging es mit den Ventilen.

Nachdem alle Teile gut durchgetrocknet waren, ging es nun mit dem Neuaufbau los. Begonnen wurde mit den Lederpolstern auf den Ventilwippen.

Der neue Ventilbelag besteht wieder aus Filz und Leder. Wichtig dabei ist, dass er wieder die gleiche Höhe hat wie der Originalbelag.

Jedes Ventil (hier die vorderen) wurde positioniert, die Wippe beleimt und eingesetzt und das Bündchen darüber geleimt.

Als nächstes stand die Demontage der Klaviaturrahmen auf dem Plan.

Auch hier wurde alles gereinigt und die Filze erneuert. Im Bild sieht man das bereits eingebaute Prolongement.

Die Tasten wurden lediglich gereinigt, die Garnierungen waren noch gut.

Anders wie bei den vorderen Ventilen, hängen hier die Ventile direkt an den Tasten. Im Bild sieht man die Vorbereitung der neuen Polster und Bündchen.

Nun ging es auch hier mit dem Einsetzen los, also wieder Ventil positionieren, Polster beleimen, Taste einsetzen und mit Feder belasten, Bündchen festleimen.

Durch die geteilte Ventilkostruktion, war die Arbeit im Diskant "etwas" aufwändiger.

Auch am Celesta-Klaviaturrahmen mussten alle Filze erneuert werden.

Selbst an der Garnierung der Manualkoppel, hatten sich die Motten ordentlich satt gefressen.

Doch zunächst ging es an das Geradelegen der Tasten.

Dabei wird durch das Einlegen dünner Papierscheibchen am Waagstift die Höhe der Tastenbeläge eingestellt.

Damit auch wirklich alles gerade liegt, wird immer wieder mit einer Richtleiste kontrolliert.

Da die Höhe der Tasten nun fest stand, konnte auch das Prolongement eingestellt werden.

Hier sieht man gut, wie die Halteleiste des Prolongement unter den Obertasten liegt.

Die zerfressene Manualkoppel wurde komplett neu mit Tuch belegt.

Dann kam schon die Registermechanik zum Zerlegen. Im Bild sieht man noch die "nicht ganz" originalen Forteklappen.

Zwischendurch ging es mit den neuen Schildchen immer wieder einen Schritt voran.

Baustellen über Baustellen: Forte-expressif-Balg = defekt, Filze des Metaphon-Zuges = nicht mehr vorhanden, ...

... Führungen der Celesta-Stecher = schlecht, Registerdücker = schwergängig,  etc. ...

Rätsel gab mir dann die eigentliche Registermechanik auf, denn alle Drücker wurden schon einmal ein gutes Stück nach rechts versetzt.

Die defekten Forte-expressif-Bälge waren in den Schallkasten geleimt und konnten nicht zerstörungsfrei ausgebaut werden.

Hier hat man sämtliche Kleinteile der Registermechanik auf einen Blick.

Nach der Reinigung der ersten Einzelteile und dem Aufbereiten der Oberfläche, sah die ganze Sache schon viel freundlicher aus.

Auch an den Registerzügen gab es viel zu tun. Acryl entfernen, Fehlteile ergänzen, nachbeizen, Oberfläche ...

Hier sieht man einen der Forte-expressif-Bälge. Der dünne Rahmen hatte den Ausbau nicht überlebt.

Nach der Reinigung und Überarbeitung (teilw. neue Tuchlager) der Drücker, konnten diese wieder montiert werden.

Auch einer der Umlenkhebel musste neu angefertigt werden.

Da die neuen Forte-expressif-Bälge ausbaubar sein sollten, wurde der fragile Rahmen durch eine stabile Platte ersetzt.

Hier sieht man einen der neu bezogenen Bälge.

In montiertem Zustand sieht man keinen Unterschied zur alten Rahmenkonstruktion.

Lediglich die Schrauben auf der Rückseite des Schallkastens, deuten auf die Neuerung hin.

Hier ein Blick in den Schallkasten, noch ohne Metaphone.

Die Kleinteile des Metaphone durchliefen -wie alle anderen auch- das Ultraschallbad sowie die Poliertrommel.

Die Zugvorrichtung wurde mit neuem Tuch ausgestattet und die Belederung der Klappen aufgebürstet.

Die Metaphone-Klappen werden von unten in den Schallkasten eingesetzt und "schweben" so knapp über den hinteren Ventilen.

Nach der Montage der überarbeiteten Registerzüge, sah alles schon ganz prima aus.

Anhand originaler Spuren und vergleichbaren Instrumenten, wurde nun die neuen Forteklappen angefertigt.

So sitzt diese Platte künftig über über dem Schallkasten.

Die drehbar gelagerten Forteklappen geben den Schall frei, oder halten diesen zurück.

Vorbildgetreu wurden die Klappen mit passendem Stoff bezogen.

Das Neuteil fügt sich dank passendem Furnier nahtlos in die historische Optik ein.

Diese langen Tellerstifte (zweiteilig) leiten die Bewegung der Registerdrücker über Umwege auf die Registerventile.

Ein paar waren verbogen, einer musste neu angefertigt werden.

Hier sieht man die oberen Tellerstifte, wie sie zwischen den Tasten des I. Manuals (Harmonium) sitzen.

Fertig! Die nachgefertigten Schildchen sind vom Original kaum zu unterscheiden. Im Bild liegen alt und neu nebeneinander.

Da die Schildchen mit ihrer belederten Rückseite mit Warmleim in den Zug gesetzt wurden, mussten sie fixiert werden.

Hier sieht man die Reihe der Bass-Register ...

... hier die Diskantregister.

Nach einer Weile war die gesamte Reihe wieder komplett.

Neben der speziellen Schrift, muss auch die Form der Schildchen (starke Wölbung) zum Original passen.

Mun ging es mit dem Einregulieren des Celesta-Manuals los.

Damit die Tasten beim Spiel mit der Manualkoppel nicht nach oben gedrückt werden, muss der obere Anschlag sauber reguliert werden.

Nachdem sämtliche Gänge stimmten und alles reguliert war, musste für die Regulierung der Percussion alles wieder demontiert werden.

Frei schwebend und von unten zugänglich, geht die Regulierung am besten..

Bis auf wenige Ausnahmen, reichte eine Einstellung der Zungendämpfer (grüner Filz).

Dann ging es wieder an den Zusammenbau. Vorher nochmal die Doppelexpression kontrolliert ...

... nach dem Registerbrett gesehen ...

... dann die Lade wieder ins Gehäuse gesetzt ...

... Klaviaturen eingelegt ...

... und die Registermechanik aufgesetzt.

Zum Schluss (na ja, fast) hielten die neuen Forteklappen einzug. Hier geschlossen ...

... hier geöffnet.

Die schon oft gebrochene (da sehr dünne) Halterung der Celesta-Stecher, wurde mit Leinenpapier stabilisiert, bevor die Stecher wieder montiert werden konnten.

Die Celesta selbst blieb von mir unberührt, sie wird von einem anderen Betrieb überarbeitet.

Nun war das Instrument technisch einsatzbereit, aber noch fehlten ein paar "Kleinigkeiten".

Der alte Samtbezug der Kniehebel sollte erneuert werden.

Beim Abnehmen des alten Stoffes, traten Reste des Originalbezuges zu Tage.

Wie gut, dass ich passenden Stoff am Lager hatte.

Für die mit Stoff bezogenen Tritte, wurden neue Einleger angefertigt.

So kann man im Alltag/Konzertbetrieb die Originalteile verwenden und zur Show die Stofftritte einlegen.

Abschließend erfolgte die Kontrolle Stimmung in vorhandener Tonhöhe, 438 Hz.

Die Stimmung war noch sehr gut erhalten, sodass sich mein Eingriff in Grenzen hielt.

Klangstark und prächtig steht dieses Instrument nun wieder für jeglichen Einsatz zur Verfügung.

Die mühevolle Arbeit hat sich gelohnt und wird hoffentlich wertgeschätzt.

Erbauer: Mustel, Paris, Bj.: ...  System: Druckwind, Klaviaturen: C - c'''', Untermanual = Harmonium, Teilung e'/f', Obermanual = Celesta

Forte fixe, Metaphone, 0 Forte expressif, 5 Harpe Eolienne 2Pds, 4 Basson 8 Pds, 3 Clairon 4 Pds, 2 Bourdon 16 Pds, 1 Cor Anglais 8 Pds, 1P Percussion et Cor Anglais 8 Pds

E Expression

1P Percussion et Flute 8 Pds, 1 Flute 8 Pds, 2 Clarinette 16 Pds, 3 Fifre 4 Pds, 4 Hautbois 8 Pds, 5 Musette 16 Pds, 6 Voia Celeste 16 Pds, 7 Baryton 32 Pds, 8 Harpe Eolienne 8 Pds, 0 Forte expressif, Metaphone, Forte fixe

Prolongement, Accouplement, Doppelexpression, Grand Jeu und Prol.-Auslösung über Hackenhebel